Oldenburger
Radverkehrsanlagen

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Wer jahrelang mit Behörden zu tun hat, entwickelt ein gewisses Verständnis für Amokläufer. Urs Beeler

Anordnen der Benutzungspflicht

Obwohl die Radwegebenutzungspflicht keinem Radfahrer etwas bringt, wird sie immer wieder auch von diesen gefordert.  Dem kommen die Behörden natürlich gerne nach.

StVO: Anlage 2 (zu § 41 Absatz 1) Vorschriftzeichen

Abschnitt 5 Sonderwege

Zeichen 237 Zeichen 237 — Radweg

  1. Der Radverkehr darf nicht die Fahrbahn, sondern muss den Radweg benutzen (Radwegbenutzungspflicht).

  2. Anderer Verkehr darf ihn nicht benutzen.

  3. Ist durch Zusatzzeichen die Benutzung eines Radwegs für eine andere Verkehrsart erlaubt, muss diese auf den Radverkehr Rücksicht nehmen und der andere Fahrzeugverkehr muss erforderlichenfalls die Geschwindigkeit an den Radverkehr anpassen.

  4. § 2 Absatz 4 Satz 6 bleibt unberührt.

Zeichen 239 Zeichen 239 — Gehweg

  1. Anderer als Fußgängerverkehr darf den Gehweg nicht nutzen.

  2. Ist durch Zusatzzeichen die Benutzung eines Gehwegs für eine andere Verkehrsart erlaubt, muss diese auf den Fußgängerverkehr Rücksicht nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Wenn nötig, muss der Fahrverkehr warten; er darf nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren.

Erläuterung: Das Zeichen kennzeichnet einen Gehweg (§ 25 Absatz 1 Satz 1), wo eine Klarstellung notwendig ist.

Zeichen 240 Zeichen 240 — Gemeinsamer Geh- und Radweg

  1. Der Radverkehr darf nicht die Fahrbahn, sondern muss den gemeinsamen Geh- und Radweg benutzen (Radwegbenutzungspflicht).

  2. Anderer Verkehr darf ihn nicht benutzen.

  3. Ist durch Zusatzzeichen die Benutzung eines gemeinsamen Geh- und Radwegs für eine andere Verkehrsart erlaubt, muss diese auf den Fußgänger- und Radverkehr Rücksicht nehmen. Erforderlichenfalls muss der Fahrverkehr die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr anpassen.

  4. § 2 Absatz 4 Satz 6 bleibt unberührt.

Erläuterung: Das Zeichen kennzeichnet auch den Gehweg (§ 25 Absatz 1 Satz 1).

Zeichen 241 Zeichen 241 — Getrennter Rad- und Gehweg

  1. Der Radverkehr darf nicht die Fahrbahn, sondern muss den Radweg des getrennten Rad- und Gehwegs benutzen (Radwegbenutzungspflicht).

  2. Anderer Verkehr darf ihn nicht benutzen.

  3. Ist durch Zusatzzeichen die Benutzung eines getrennten Geh- und Radwegs für eine andere Verkehrsart erlaubt, darf diese nur den für den Radverkehr bestimmten Teil des getrennten Geh- und Radwegs befahren.

  4. Die andere Verkehrsart muss auf den Radverkehr Rücksicht nehmen. Erforderlichenfalls muss anderer Fahrzeugverkehr die Geschwindigkeit an den Radverkehr anpassen.

  5. § 2 Absatz 4 Satz 6 bleibt unberührt.

Erläuterung: Das Zeichen kennzeichnet auch den Gehweg (§ 25 Absatz 1 Satz 1).

Zeichen 244.1 Zeichen 244.1 — Beginn einer Fahrradstraße

  1. Anderer Fahrzeugverkehr als Radverkehr darf Fahrradstraßen nicht benutzen, es sei denn, dies ist durch Zusatzzeichen erlaubt.

  2. Für den Fahrverkehr gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Der Radverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Wenn nötig, muss der Kraftfahrzeugverkehr die Geschwindigkeit weiter verringern.

  3. Das Nebeneinanderfahren mit Fahrrädern ist erlaubt.

  4. Im Übrigen gelten die Vorschriften über die Fahrbahnbenutzung und über die Vorfahrt.

Zeichen 244.2 Zeichen 244.2 — Ende einer Fahrradstraße

Die Schilder dürfen nur bei Anwesenheit von Radwegen aufgestellt werden, da nichtige und damit überflüssige Schilder verboten sind.  Zeichen 237: Radweg darf nur an baulich angelegten Wegen und Radfahrstreifen stehen.

Da das Ende einer Benutzungspflicht normalerweise nicht gekennzeichnet wird und es Radwege ohne Schild gibt, muß der Radfahrer selber rausfinden, wo die Benutzungspflicht endet.  Das dürfte überall da der Fall sein, wo der Radweg nicht mehr verkehrssicher befahrbar ist.

Grundsätzlich

Radwegebenutzungspflicht wird (angeblich) angeordnet zum Schutze der Radfahrer vor Kraftfahrzeugen, sie beschränkt seine allgemeine Handlungsfreiheit und wirkt allein gegen die zu Schützenden.  Damit gilt dasselbe wie für eine Null-Promille-Grenze:

Somit beschränkt ein absolutes Alkoholverbot die überwiegende Zahl der Kraftfahrer in ihrer Handlungsfreiheit, um einer Minderheit ein Signal zu setzen und sie von rechtswidrigem Tun abzuhalten. Dazu hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt, die Gefahr, dass sich bestimmte Personen in rechtswidriger Weise verhalten, ist regelmäßig und vorrangig diesen Personen zuzurechnen (BVerfG, Beschl. v. 22.07.2010, Az. 2 BvR 1528/10 — Sicherungsmaßnahmen zum Schutz vor Mitgefangenen; Beschl. v. 14.05.1985, Az. 1 BvR 233, 341/81 — Brokdorf) Die Gefahren sind nach Möglichkeit durch ihnen gegenüber zu ergreifende Maßnahmen abzuwehren, bevor Dritte ohne Weiteres zum Objekt eingreifender Maßnahmen der Gefahrenabwehr gemacht werden.

Der Unterschied:  Ein Alkoholverbot würde Fremdgefährdung reduzieren, was wesentlich wichtiger ist als ein Schutz vor Selbstgefährdung.

Geregelt werden darf nur, was regelungsbedürftig ist. Wenn ohnehin nur wenige Radfahrer bei Wahlfreiheit die Fahrbahn benutzen, dann ist ein Eingreifen durch die StVB nicht im Sinne § 39.1 zwingend geboten, womit sich weitere Erörterungen erübrigen. Auch ist Voraussetzung für § 45.9, das die Schilder eine Wirkung entfalten, was nach BASt V 184 bei Beblauung nicht der Fall ist. Zudem dürfen nur spezielle Gefährdungen speziell geregelt werden, aber Gefahren für Radfahrer sind fast immer auch Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer.

Trennung

Beim Zeichen 241: getrennter Rad- und Gehweg liegt die Betonung auf der Trennung.  Unterschiedliche Farben, Materialien und Pflasterungen sind keine wirksame Trennung, meinen VwV  (1 2 3 4 5 6 7 8 9), das OLG Düsseldorf (diesbezüglich bestätigt vom BGH) und das OLG Thüringen.  Unterschiedliche Pflasterung und Farben grenzen baulich ab (1 2 3 4 5).  Abgegrenzte Flächen werden in der StVO extra erwähnt (1 2 3 4).  Pflasterwechsel ist keine Bodenmarkierung.  Ginge es um eine Trennung mittels willkürlicher Optik oder wären 2 aneinander grenzende Farben überhaupt eine Trennung, wäre Zeichen 295 (durchgehender Schmalstrich) ebenfalls eine und nicht extra aufgeführt worden.  Bei diesem Zeichen spricht die StVO nur in Verbindung mit Gegenverkehr von Trennung, sonst von Abgrenzung.  ERA 2010 definiert eine bauliche Trennung zwar nicht, aus verschiedenen Stellen ergibt sich aber, daß sie ein Hindernis sein muß, zum Beispiel ein Höhenunterschied oder Grünstreifen, wie auch einmal in der VwV, Farben waren auch nach ERA 95 ausdrücklich keine bauliche Trennung.  Eine bauliche Trennung ist eben auch eine gezielte Baumaßnahme.

Als Bonus dafür gibt es die Bestätigung in Form des Wiener Übereinkommen über den Strassenverkehr, welchem auch die Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist und auf welches die VwV Bezug nimmt. Darin wurde 2006 ‚Radweg‘ ist eine eigene Strasse oder der Teil einer Strasse, die bzw. der Radfahrern vorbehalten und als Radweg gekennzeichnet ist. Ein Radweg ist von anderen Strassen oder anderen Strassenteilen durch bauliche Einrichtungen getrennt. aufgenommen. Dadurch wird deutlich, daß auch in Deutschland eine bauliche Trennung viel mehr ist als zwei verschiedene Farben oder Pflasterungen. Nebenbei darf Zeichen 241: getrennter Rad- und Gehweg beim weißen Strich nur wegen Artikel 3.1 aufgestellt werden, obwohl es sich dann nicht um einen Radweg handelt. Auch gilt das Übereinkommen nur mittelbar.

Naht im Asphalt der Fahrbahn.
Hier hätten wir even­tu­ell ei­nen Rad­weg, wenn Op­tik ei­ne Trennung im Sinne der StVO wäre.

Pflas­terei­en kommen in der StVO nur beim ver­kehrs­be­ruhig­ten Be­reich vor und sind da­mit für Son­der­we­ge irre­le­vant.  Far­ben sind kei­ne Zei­chen und Ver­kehrs­ein­rich­tun­gen.  An­de­re als die zu­lässi­gen Zei­chen und Ein­rich­tun­gen dür­fen nicht ver­wen­det wer­den, damit der be­hörd­li­che Wille klar ist und ihn jeder über­all so­fort er­kennen kann.  Ne­ben far­bi­gen Schil­dern, Ein­rich­tun­gen und Am­peln gibt es auf den Ver­kehrs­flächen zwar auch vor­schrei­ben­de far­bi­ge Mar­kierun­gen, die aber nur in Weiß und Gelb.  Far­bi­ge Flächen sind kei­ne Mar­kierun­gen.  Das un­ter­schied­liche Pflas­te­run­gen und Far­ben für Zeichen 241: getrennter Rad- und Gehweg nicht aus­rei­chend sind, er­gibt sich aus de­ren Nicht-Er­wäh­nung hier und de­ren Er­wäh­nung an anderer Stelle.  ERA 2010 unterscheidet zwischen Markierung und Einfärbung (1 2 3 4 5 6), bringt letztere nicht im Zusammenhang mit Trennung oder auch nur Abgrenzung, meint sogar, Rechtlich haben Einfärbungen der Oberfläche von Radverkehrsanlagen keine Bedeutung..  Mit der Behauptung, das 2 (will­kür­liche) Far­ben eine Trennung sei­en, wäre zu be­ur­tei­len, wel­che von mehreren Trennun­gen denn die ge­mein­te sein könn­te.  Man käme zu einer will­kür­lichen Be­ur­tei­lung nach dem Motto ‚Wie stark müssen sich die Far­ben un­ter­schei­den?‘.  Lo­gisch wäre, die ein­deu­ti­ge Trennung und nicht die will­kür­liche als ge­mein­te an­zu­nehmen.  Ge­nau das tun die immer­während auf Rad­we­gen vor­han­denen Fuß­gänger an­schei­nend, für die 2 Far­ben keine Trennung sind.  Außer­dem gilt selbst­ver­ständ­lich, daß Mehr­deu­tig­kei­ten nicht zu­las­ten des Ver­kehrs­teil­nehmers gehen.  Die Fußgänger und die daneben auf dem Gehweg fahrenden Radfahrer sind auch der Beweis dafür, das Farbe keinen Radweg kennzeichnet, zumal die Farben von Ort zu Ort abweichen — Wer außer den Verkehrsteilnehmern sollte bei der Erkennung und Umsetzung der Trennung Maßstab sein?  Auf der Fahrbahn richtet man sich sehr wohl nach dem Verhalten der Verkehrsteilnehmer, woraus die dort angestrebte Klarheit und Übersichtlichkeit bei der Gestaltung, Beschilderung und Signalisierung resultiert, deren Möglichkeiten und Voraussetzungen in Richtlinien aufgeführt sind.  Kurz gesagt: Es reicht nicht, die Trennung mittels Schild einfach zu behaupten, sie muß Wirksam sein; eine unwirksame Trennung ist keine Trennung — Sonst könnte ein Buntstift durchs Malen zum Trennschleifer mutieren.

Die Fortsetzung dieses Streites fände sich dann in der Plazierung des Schildes.  Wie weit links oder rechts darf oder muß es stehen?  Gelten die beiden Farben weiterhin als Trennung, obwohl das Schild über dem Grünstreifen hängt?  Und immer wieder steht die Frage im Raum, warum solche Willkürlichkeit nicht auch für Autos gilt.

Mancherorts wird statt dem Strich eine Reihe grauer Steine gepflastert.  Das macht nichts, denn Alle Linien können durch gleichmäßig dichte Markierungsknopfreihen ersetzt werden. (§ 39.5) — Graue Steine sind weder Markierungsknöpfe, noch eine weiße Linie.  Es handelt sich um Pflasterlinien, die ausschließlich für verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche aufgeführt sind und deshalb bei anderen Gelegenheiten nicht zulässig sind.  Im Zweifelsfalle ist halt das Schild nichtig oder der Bordstein die bauliche Trennung und die Fahrbahn wird zum Radweg.

Einfach gesagt: Für Zeichen 241: getrennter Rad- und Gehweg ist eine weiße Linie oder ein Hindernis erforderlich, die Trennung muß auch für Blinde eindeutig erkennbar sein.  Insgesamt muß sich der Zustand zu Zeichen 241: getrennter Rad- und Gehweg von dem zu Zeichen 240: gemeinsamer Geh- und Radweg unterscheiden, was eben nur durch eine deutliche und wirksame Trennung möglich ist.  Für andere Fälle ist Zeichen 240: gemeinsamer Geh- und Radweg vorgeschrieben.  Da die Behörden sich immer an Recht und Gesetz halten, ist bei fehlendem Strich also Grünzeug, Bordsteinkante oder Zaun die Trennung und die Fahrbahn der Radweg.

Wenn Farben eine Trennung wären, dürfte an solchen Wegen allenfalls Zeichen 241: getrennter Rad- und Gehweg aufgestellt werden, nichts anderes, wie vielfach geschehen.

All das bedeutet, daß die 3 Radweg-Schilder weder zur Aufteilung der Straße noch zu deren Klarstellung verwendet werden können.  Ein Weg ist nur dann ein Radweg, wenn man ihn ohne Schild als solchen erkennen kann und er als solcher auch tatsächlich anerkannt wird.

Der Weg für Zeichen 237: Radweg muß baulich angelegt sein, was bedeutet, ein separates Bauwerk oder andere bauliche Ausführung, denn sonst müßte es ja Zeichen 241: getrennter Rad- und Gehweg sein.

Begründung

StVO: § 39  Verkehrszeichen

1
Angesichts der allen Verkehrsteilnehmern obliegenden Verpflichtung, die allgemeinen und besonderen Verhaltensvorschriften dieser Verordnung eigenverantwortlich zu beachten, werden örtliche Anordnungen durch Verkehrszeichen nur dort getroffen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend geboten ist.

Als Begründung für diese Regelung wird angeführt, daß eine effektive Reduzierung der Verkehrszeichen­beschilderung vor allem aus Gründen der Verkehrs­sicherheit dringend erforderlich sei.

StVO: § 45  Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen

9

Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

  1. Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340),
  2. Fahrradstraßen (Zeichen 244.1),
  3. Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),
  4. Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c,
  5. verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d,

Zu diesem auch auf die Radwegebenutzungspflicht anzuwendenden Absatz lautet die Begründung: Neben der Änderung des § 39 bedarf es auch einer korrospondierenden Ergänzung des § 45 durch einen neuen Absatz 9. Auf die Begründung zu § 39.01 und § 43.1.2 (neu) [Anm. § 39.1 gilt entsprechend.] wird verwiesen. Während die genannten Normen an die Verkehrsteilnehmer adressiert sind, verpflichtet der neue Absatz 9 von § 45 StVO die zuständigen Behörden, bei der Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen restriktiv zu verfahren und stets nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen, ob die vorgesehene Regelung durch Verkehrszeichen und/oder Verkehrseinrichtungen deshalb zwingend erforderlich ist, weil die allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der Verordnung für einen sicheren und geordneten Verkehrsablauf nicht ausreichen.

Im Rad­ver­kehr ge­hen die meis­ten Ver­stöße ge­gen die StVO von den Straßen­ver­kehrs­äm­tern aus.
Hans-Joachim Zierke
Das Bundesverwaltungsgericht stellte in einer Revision (3 C 9.98) fest, daß Beschränkungen des fließenden Verkehrs nachweislich erforderlich sein müssen und nur dann zulässig sind, wenn streckenbezogene, konkrete Gründe vorliegen und die Gefahrenlage das allgemeine Risiko erheblich übersteigt (NZV 2002, 57).  Ein Beweis der Verbesserung durch anwesendes Blau reicht also nicht.  Die Stelle, an der es stehen soll, muß zur Zeit gefährlicher sein, als andere vergleichbare Stellen.

Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht äußerte sich zur Revision: Der Begriff erheblich übersteigt verlangt damit von der Straßenverkehrsbehörde, für ihre Anordnung streckenbezogen konkrete Gründe anzugeben, die die Anordnung als zwingend erforderlich charakterisieren. Allgemeine Erwägungen und Vermutungen – ein Beurteilungsspielraum – verbieten sich. Grundlage für diese Rechtsänderung war für den Verordnungsgeber, dass gerade im fließenden Verkehr heute vielfach nicht zwingend gebotene Beschränkungen angeordnet werden, um den allgemeinen Gefahren des Straßenverkehrs zu begegnen. Das damit verfolgte Ziel, das allgemeine Risiko der Teilnahme am Straßenverkehr durch Verkehrs­zeichen­anordnungen – mit der dadurch beabsichtigten Verhaltenssteuerung der Kraftfahrer – abzumildern, unterfällt aber nicht dem Zuständigkeitsbereich der Straßenverkehrsbehörde, sondern allein dem Willen des Verordnungsgebers. Dieser hat sich ausdrücklich, insbesondere auch durch die korrespondierende Neuformulierung des § 39 Abs. 1 StVO dafür ausgesprochen, dass Verkehrs­zeichen­anordnungen nur noch auf Basis eines objektiv zwingenden Grundes vorgenommen werden dürfen..

Der Verwaltungsgerichtshof Kassel bestimmte in 2 A 2307/07 am 2009-05-15 Die Tatbestandsvoraussetzung eines erhöhten Gefahrenrisikos im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO setzt vielmehr eine Lage voraus, die das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigt. Aus den tatsächlichen Auswirkungen einer verkehrsbeschränkenden Maßnahme lassen sich hingegen keine Rückschlüsse auf das Vorliegen einer solchen besonderen Gefahrenlage vor Anordnung einer solchen Maßnahme gewinnen. Sie haben allein Bedeutung für die Beurteilung der Frage, ob die verkehrsbehördliche Anordnung geeignet ist, ein erheblich erhöhtes Gefahrenrisiko zu beseitigen bzw. wesentlich zu verringern.  Deutlicher gehts nicht: Nachweis vorher, die positiven Folgen der Maßnahme interessieren nicht.

Auch das Verwaltungsgericht Braunschweig entschied in 6 A 389/04, Die durch Verordnung vom 7. August 1997 angefügte Regelung in § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO knüpft nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte an die in den vorangehenden Absätzen geregelten Tatbestände an. Die Verkehrsbehörde darf ein Verkehrszeichen nach § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 Satz 1 StVO daher nur anordnen, wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs auf Grund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so ist der Ermessensspielraum der Behörde nicht eröffnet, sie ist in diesem Fall also ohne Weiteres rechtlich dazu verpflichtet, die Aufstellung des Verkehrszeichens abzulehnen. Die Regelung in § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO gilt nach ihrem klaren Wortlaut ohne Ausnahme für alle Verkehrszeichen.  Das BVerwG findet in 3 C 9.98, Insoweit bleibt zum einen festzuhalten, daß einer Straßenverkehrsbehörde kein Ermessen zusteht bei der Frage, ob ein milderes Mittel gleich wirksam ist.

Das der BGH bei üblichen „Trennungen“ grundsätzliche Gefahr sieht, Es reichte vielmehr aus, dass die konkrete Gefahr bestand, dass sie bereits durch eine geringfügige Körperbewegung auf den Radweg gelangen konnte., erhöht die Ansprüche an Begründungen nach § 45.9.

Weitere Urteile: VG Hamburg, VG Berlin (1 2 3 4), Schleswig-Holsteinisches VG, VG Göttingen (1 2), VG Düsseldorf, VG Karlsruhe, VG Lüneburg, VG Hannover, VGH Baden-Württemberg.

Anders gesagt:  Mit § 45 stellt der Bund klar, daß er bestimmt, wie der Verkehr in Deutschland abläuft.  Diese Bestimmungen sind eben Tempo 50 innerorts, Tempo 100 außerorts (außer Autobahnen) und Radfahrer auf der Fahrbahn oder auf nicht benutzungspflichtigen Radwegen.  Eine Behörde darf nur in begründeten Ausnahmefällen vom Regelfall abweichen, „Wir wollen das so“ reicht nicht.

Wenn konkrete Gründe vorliegen müssen, gilt das natürlich auch für Kfz-Verkehrsarme Zeiten, in denen ja gemäß der Viel-Verkehr=Viel-Gefahr-Doktrin die Benutzungspflicht nicht notwendig sein kann. Da eine zeitliche Beschränkung der blauen Schilder aber nicht vorgesehen ist, müssen die Behörden damit besonders zurückhaltend sein, denn sie gelten stets 24/7.

Aber das alles interessiert nicht.  Weniger als die Hälfte der Landkreise und nur zwei Drittel aller Städte und Stadtstaaten haben das in ihrer Baulast vorhandene Radwegenetz nach den in der VwV-StVO festgelegten Kriterien überprüft. wurde 2001 festgestellt, und Nur knapp ein Viertel der Gemeinden hatte nach eigenen Angaben im Juni/Juli 2001 alle zum Abbau der vorhandenen Mängel erforderlichen Maßnahmen bereits umgesetzt..  Manche Behörde hält sich auch zugegebener­maßen nicht an Vorschriften (1 2 3).

Übrigens meinte das Verwaltungsgericht Saarlouis Zu einer derartigen, den fließenden Verkehr beschränkenden verkehrsrechtlichen Anordnung gehören auch die auf der Fahrbahn durch Leitlinien markierten Schutzstreifen für Radfahrer. und ordnete sogar aufschiebende Wirkung an.  Schutzstreifen dürfen nach § 45.9 ebenfalls nur bei besonderen Umständen markiert werden, weil sie in jenem Satz nicht ausgeschlossen wurden.

Im Kern gründen sich alle Klagen gegen Radwegebenutzungspflicht auf das Grundgesetz.


Die mitunter angeführten Reaktionen der Autofahrer, wie dichtes Überholen oder gar Selbstjustiz, dürfen nicht als Begründung fürs Blau herhalten.  Das Bundes­verfassungs­gericht meinte Rechtsstaatliche Zurechnung muss darauf ausgerichtet sein, nicht rechtswidriges, sondern rechtmäßiges Verhalten zu begünstigen. Dem läuft es grundsätzlich zuwider, wenn, wie im vorliegenden Fall, Maßnahmen zur Abwehr drohenden rechtswidrigen Verhaltens nicht vorrangig gegen den oder die Störer, sondern ohne weiteres – und in Grundrechte eingreifend – gegen den von solchem rechtswidrigen Verhalten potentiell Betroffenen ergriffen werden. und Eine Rechtsordnung, die sich ernst nimmt, darf nicht Prämien auf die Missachtung ihrer selbst setzen. Sie schafft sonst Anreize zur Rechtsverletzung, diskriminiert rechtstreues Verhalten und untergräbt damit die Voraussetzungen ihrer eigenen Wirksamkeit..

Da für Verkehrsteilnehmer gegenüber Radfahrern die gleichen Regeln gelten wie gegenüber anderen Verkehrsarten, wie etwa Geschwindigkeit und Überholen, sind Radwegebenutzungspflichten niemals gerechtfertigt.  Auf Straßen, wo das Zulassen von Radfahrern wirklich den gewünschten schnellen Kfz-Fluß stören würde, ist Radfahren ohnehin durch andere Bestimmungen verboten.  Da Mofa immer auf der Fahrbahn fahren dürfen, kann eigentlich auch nie Sicherheit durchs Blau eine Rolle spielen, denn dann müßte gleichzeitig ein Streckenverbot für Mofa aufgestellt werden.  Laut Ministerium soll die Dauergeschwindigkeit den Unterschied ausmachen — Womit es Autofahrer von ihrer Sorgfaltspflicht entbinden will.  So oder so ist, wenn es um Sicherheit geht, zuerst mal nachzuweisen, das Radfahrer stärker als andere Fahrzeugführer gefährdet sind.  Das dürfte nur gelingen, wenn man Autofahrern zugesteht, ganz selektiv nur Radfahrer gefährden zu dürfen, nicht aber andere „ungeschützte“ Zweiradfahrer.

Vergangene Zeit begründet keinen besonderen Umstand.  Wenn man früher auf die Fahrbahn durfte und sich zwischenzeitlich nichts geändert hat, ist das Blau auch jetzt entbehrlich.  Das gilt auch umgekehrt.  Wenn, zum Beispiel nach einem Unfall, Blau entfernt wird, beweist das nur, daß das Blau nicht notwendig war (und die Behörde haftet (nur theoretisch, denn wir sind ja beim Straßenverkehr)).

Wenn ohne Blau kein Radfahrer auf der Fahrbahn fuhr, ändert das Blau nichts, weshalb es überflüssig ist und damit nicht erlaubt.  Da sich die Nutzungsrate von Radwegen mit und ohne Benutzungspflicht kaum unterscheidet (1 2 2), ist sie immer überflüssig…  Es geht aber besser.  Eine Benutzungspflicht ist nach § 39 nur zulässig, wenn der Radweg vom durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer nicht benutzt werden würde.  Bei Geschwindigkeits­beschränkungen wird typischerweise das V85-Niveau als Richtwert genommen, die Geschwindigkeit, die von 85% der Betroffenen nicht überschritten wird.  Erst wenn die wesentlich über der vorgeschriebenen Geschwindigkeits­begrenzung liegt, wird eingeschritten.  Erfahrung und BaST zeigen aber, 90% der rechts fahrenden Radfahrer nutzen unabhängig von der Benutzungspflicht die Radwege, weit mehr als das, was bei der V85 schon mal standardmäßig als Ausreißer weggeschnitten wird.  Dafür hat die BASt nur das Verhalten von Radfahrern auf ruhigen Nebenstrecken verglichen, denn auf Hauptstraßen hätte man entschilderte Studienobjekte ja gar nicht auftreiben können.

NZV 1999, 397 und NZV 2000, 346

Da ja oft mit der Verkehrsstärke begründet wird, könnte man per Zusatzzeichen die Benutzungspflicht entsprechend der im Tagesverlauf stark schwankenden Verkehrsbelastung anpassen.  Warum wohl passiert das nicht…

Das linkes Blau wahrscheinlich keine Radwegbenutzungs­pflicht bewirkt, wird separat ausgeführt.  Aber dürfen blaue Schilder überhaupt links hingestellt werden?

Dafür muß nach VwV der Weg baulich angelegt sein.  Über dessen Bedeutung wird gestritten.  Am weitesten verbreitet ist die Meinung, daß alles, was nicht von der Fahrbahn abgezwackt wurde, baulich angelegt ist.  Dem stehen aber einige Punkte entgegen.

Baulich angelegt wird nur mittels einer darauf gezielten Baumaßnahme.  Sonst würde das 100er-Limit nämlich schon dann wegfallen (§ 3.3.2.c StVO), wenn in einer Baustelle Abweiser oder Spundwände oder sowas in der Gegend der Mittellinie auftauchen.  Gehweg bauen und dann Strich malen oder Schild hinstellen reicht also nicht.  Ausschließlich durch gezielte und eigenständige Baumaßnahmen geschaffene Wege sind baulich angelegt, denn die VwV unterscheidet in den Punkten 18 bis 21 zwischen baulich angelegten Radwegen, Radfahrstreifen, getrennten und gemeinsamen Fuß- und Radweg.  Dem steht auch die Erklärung zum Kreisverkehr nicht entgegen, da sie das baulich Angelegte allein über die von der baulichen Ausführung unabhängigen Schilder definiert und somit auch Radfahrstreifen zum baulich angelegten Weg machen würde.

Auch der „Radwegteil“ von Zeichen 240: gemeinsamer Geh- und Radweg und Zeichen 241: getrennter Rad- und Gehweg soll baulich angelegt sein.  Dann wäre aber auch ein Radfahrstreifen mit der Fahrbahn baulich angelegt; das kann es also nicht sein, oder alles wäre baulich angelegt.  Man könnte annehmen, daß Radweg und Radfahrstreifen baulich angelegt sind, weil Gehweg und Fahrbahn schon baulich sind und somit für den Sonderweg nichts mehr unternommen werden muß.  Dagegen spricht aber die VwV mit der Unterscheidung, denn die müßte eine andere sein: Radweg, getrennter Geh-/Radweg, gemeinsamer Geh-/Radweg und Radfahrstreifen wären verschiedene Sonderwege.  Damit steckten aber die Bestimmungen der VwV zur Benutzungspflicht in lauter Widersprüchen.

Für Zeichen 240: gemeinsamer Geh- und Radweg innerorts würde für beide Richtungen eine geringere Breite gefordert, na ja, zumindest nicht breiter, als für eine Richtung.  Das haut nicht hin.  Auch ist für Rechts für jedes Zeichen eine Breite angegeben, für Links jedoch nur für des Radweges.

Das alles läßt schließen, daß nur Zeichen 237: Radweg auf die linke Straßenseite gestellt werden darf.  Das aber nur, wenn es auch rechts einen Weg gibt, denn die Erlaubnis an die Behörden, links fahren zu erlauben, beinhaltet nicht die Erlaubnis, links fahren zu erzwingen.

VwV zu § 2.4.3+4 Freigabe linker Radwege (Radverkehr in Gegenrichtung)

  1. Die Benutzung von in Fahrtrichtung links angelegten Radwegen in Gegenrichtung ist insbesondere innerhalb geschlossener Ortschaften mit besonderen Gefahren verbunden und soll deshalb grundsätzlich nicht angeordnet werden.

  2. Auf baulich angelegten Radwegen kann nach sorgfältiger Prüfung die Benutzungspflicht auch für den Radverkehr in Gegenrichtung mit Zeichen 237, 240 oder 241 oder ein Benutzungsrecht durch das Zusatzzeichen "Radverkehr frei" (1022-10) angeordnet werden.

  3. Eine Benutzungspflicht kommt in der Regel außerhalb geschlossener Ortschaften, ein Benutzungsrecht innerhalb geschlossener Ortschaften ausnahmsweise in Betracht.

Wohlgemerkt:  Dieses gehört zum StVO-Satz Linke Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen nur benutzt werden, wenn dies durch das Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ allein angezeigt ist., nicht zum vorhergehenden Eine Benutzungspflicht der Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung besteht nur, wenn Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist..  Man findet es unter der Überschrift Freigabe linker Radwege und nicht wie für rechte Wege unter Radwegebenutzungspflicht.  Die Ausnahme ist so wichtig, daß sie unüblicherweise in der Vorschrift selbst begründet ist.  Linke Radwege mit Blau sollen also anscheinend rechten Radwegen ohne Blau gleich gestellt sein.  Sie werden ausdrücklich in Gegenrichtung beschildert, wodurch Eine Benutzungspflicht der Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung besteht nur, wenn Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist. nicht zutrifft.

Nehmen wir den dritten Satz und überlegen: Beblauter Weg nur links bedeutet nach herrschender Meinung linke Benutzungspflicht.  Dieser Zwang zur Benutzung wird hier ganz locker zum Regelfall erklärt, gleich nach grundsätzlich nicht, unter einer Überschrift mit Freigabe, zu nicht passenden StVO-Sätzen, nach der zuvor erwähnten Ausnahme wegen besonderer Gefahr, bei Verlangen von Radfahrern, sich eben dieser Gefahr auszusetzen und trotz des allgemeinen Rechtsfahrgebotes.  Hmmm, was da wohl nicht stimmt?

Verkehrssicherheit

Immerzu wird die Benutzungspflicht mit der Verkehrssicherheit begründet.  Allerdings ist meistens das Risiko auf normal breiten Fahrbahnen mit den üblichen erlaubten 50 km/h eben normal, denn normalerweise haben auch Radfahrer die Fahrbahn zu benutzen.  Damit ist § 45.9 nicht erfüllt.  Siehe auch §45 IX StVO — ein übersehener Paragraf? in NZV 2002, 57.  Natürlich dürfen für die besonderen Umstände nur in Hinblick auf Ausbauzustand, Kraftverkehrsstärke und Radverkehrsstärke ähnliche Straßen zum Vergleich herangezogen werden, nicht gänzlich verschiedene Straßen.  Man würde ja auch nicht zur Beurteilung einer Autobahn diese mit einer Dorfstraße vergleichen.  Darüber kommt auch nicht die Rasenmähermethode der ERA mit ihren Grenzwerten hinweg, dafür wären entsprechende Formulierungen in StVO oder VwV notwendig gewesen.

Zur Gefahrenlage siehe VG Berlin, Urteil vom 28.9.2000 — 27 A 206.99, in NZV 2001, 317.

VwV zu § 2  Radwegebenutzungspflicht

14
Ist aus Verkehrssicherheitsgründen die Anordnung der Rad­wege­benutzungs­pflicht mit den Zeichen 237, 240 oder 241 erforderlich, so ist sie, wenn nachfolgende Voraussetzungen erfüllt sind, vorzunehmen.

Radfahrer müßten auf der Fahrbahn also erheblichen zusätzlichen Gefahren ausgesetzt sein.  Ich wüßte nicht, daß eine Untersuchung bestätigt, daß das Unfallrisiko auf Radwegen geringer wäre als auf der Fahrbahn.  Im Gegenteil hat die BASt festgestellt, Die hier untersuchten Straßen mit nicht benutzungspflichtigen Radwegen weisen nach Aufhebung der Benutzungspflicht — ebenso wie auch Straßen mit weiterhin benutzungspflichtigen Radwegen — eine niedrigere Unfalldichte als in den "Vorher"-Vergleichsjahren auf. (1 2).  Deren sonstige Hampelei, daß sie nicht mit Sicherheit sagen könne, das Radwege generell unsicherer sind als Mischverkehr, obwohl sie ausdrücklich „gute“ Radwege untersuchte, hat sie damit auch gleich beendet, denn Die Beachtung der technischen Entwurfsempfehlungen hat maßgeblichen Einfluss auf eine niedrige Unfallbelastung..  Da schon die freiwillige Benutzung die Sicherheit nicht erhöht, kann der Zwang zur Benutzung dafür erst recht nicht sorgen und ist somit wohl nur in Ausnahmefällen erforderlich.  Das gilt auch außerorts.

Radwegebenutzungspflicht wird immer auch mit der Geschwindigkeit der Kraftfahrzeuge begründet.  Die VwV zu Zeichen 274, Zulässige Höchstgeschwindigkeit, besagt, daß Geschwindigkeits­beschränkungen erforderlich sein können, wo Fußgänger oder Radfahrer im Längs- oder Querverkehr in besonderer Weise gefährdet sind; die zulässige Höchstgeschwindigkeit soll auf diesen Abschnitten in der Regel 70 km/h nicht übersteigen.  Im Umkehrschluss ist bis zu einer zulässigen Geschwindigkeit von 70 km/h eine Separierung nicht aufgrund der Geschwindigkeitsdifferenzen angezeigt.  Wo die Geschichte mit der Gefährdung nicht gegeben ist, gilt eben für die standardmäßigen 100 km/h dasselbe.

Daß durch Anwendung des § 45.9 die meisten Schilder unzulässig werden würden, ändert an der Wirksamkeit dieses Paragrafen nichts.

NZV 2002, 533

Sonstiges

VwV zu § 2.4  Radwegebenutzungspflicht

15
Voraussetzung für die Kennzeichnung ist, daß
  1. die Benutzung des Radweges nach der Beschaffenheit und dem Zustand zumutbar sowie die Linienführung eindeutig, stetig und sicher ist. Das ist der Fall, wenn
    1. er unter Berücksichtigung der gewünschten Verkehrsbedürfnisse ausreichend breit, befestigt und einschließlich eines Sicherheitsraums frei von Hindernissen beschaffen ist. …

Tatsächlich gibt es immer reichlich Hindernisse.

StVO: § 45  Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen

1c
[…] Die Zonen-Anordnung […] darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifen­begrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. […]

Damit ist klar:  Zone 30 und Blau schließen einander aus — keine Ausnahme, keine Übergangszeit.  Gegen diesen Paragrafen wurde in Zwischenahn sogar noch nach meinem ersten Widerspruch verstoßen.  Mancherorts wird, um Blau aufstellen zu „dürfen“, mißbräuchlich Tempo 30 aufgestellt.  Dieses läßt allerdings § 45.1.1 zum Zuge kommen, denn die Verträglichkeit des Kfz-Verkehrs mit dem Radverkehr hängt unter anderem von der Geschwindigkeit des Kfz-Verkehrs ab und nicht von der Methode der Begrenzung.  Die Rechtswidrigkeit und mangelnde Zweckmäßigkeit dieses Vorgehens liegt also auf der Hand.

Mit der Anordnung der Benutzungspflicht geht immer auch eine Geschwindigkeitsbegrenzung einher, weil die Sonderwege ungeeignet für mehr als „Oma-Tempo“ sind.  Zwar ist die Beschränkung „Begrenzung der Geschwindigkeit“ nicht angeordnet, aber regelmäßig das Resultat.  Demnach müssen auch sie von den §§ 39.1 und 45.9 und folgenden gedeckt sein.

Artikel 2 Grundgesetz

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Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

Die Anordnung mit der Geschwindigkeitsbegrenzung, die nicht auf Eigenschaften des Fahrers oder Fahrzeuges beruht, als Resultat, schränkt dieses Recht ein, sie muß also gut begründet sein (NZV 2002, 57). Das findet auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Insofern kommt zumindest eine Verletzung der allgemeinen Freiheitsgewährleistung nach Art. 2 Abs. 1 GG in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.08.2003 - 3 C 15.03).

Radwege und Bäume schließen sich aus, denn nach der relevanten Norm DIN 18920 Der Mindestabstand des Baumes zum Unterbau des Radweges soll hiernach mindestens das Vierfache des Stammumfangs in einem Meter Höhe betragen, mindestens jedoch 2,50 Meter.  Auch Verkehrsminister Bode wußte was.  Fällt ansonsten ein Baum um, wende man sich an verantwortliche Behörde, die dann begründen muß, warum sie die genannte Norm mißachtete.  Es gibt mehr Radweg- als Baum-Freunde…  Dschungelradweg darf in Niedersachsen natürlich trotzdem sein.

Eine Straßenverkehrsbehörde, die behauptet, ohne Schild könne man den Radweg nicht erkennen, muß natürlich in der Akte zur Anordnung den Geltungsbereich des Weges genau festlegen, dessen Lage relativ zur Fahrbahn und zum Gehweg.