Am 15.11.2002 habe ich diesen Widerspruch abgegeben.
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit lege ich gegen die im August geänderte Radwegbenutzungspflicht des rechten Bordsteinradweges am Theaterwall von der Bergstraße Richtung Julius-Mosen-Platz, entsprechend § 69 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung) Widerspruch ein. Außerdem beantrage ich Akteneinsicht nach § 29 VwVfG.
Ich wohne in Oldenburg und fahre nur mit dem Fahrrad. Dadurch befahre ich auch öfter den Theaterwall, mindestens 1 mal pro Woche. Daher bin ich von der Radwegebenutzungspflicht an diesem Straßenabschnitt betroffen.
Für die Zulässigkeit dieses Widerspruches spielt keine Rolle, daß der aktuelle und von mir beanstandete Zustand vor dem Einbahnstraßenversuch bereits jahrzehntelang bestanden hat. Tatsache ist: Dieses Jahr wurde die Anordnung 2 mal geändert, 2 mal begann die Widerspruchsfrist zu laufen. Ebenso spielen die Gründe der Zuständsänderungen keine Rolle. Wenn man annehmen wollte, eine kurzzeitige Änderung der Anordnung würde die Widerspruchsfrist nicht neu beginnen lassen, könnte man als wahrscheinlicher annehmen, jede Überprüfung von Anordnungen, welche unzweifelhaft vor und nach dem Verkehrsversuch vorgenommen wurde, ließe die Frist neu beginnen, denn eine Überprüfung ohne Änderung ist eine Bestätigung der Anordnung oder sozusagen eine Wieder-Anordnung (VwV: Überprüfung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen).
Damit ich Texte nicht wiederholen muß, folgen erst die Begründungen, die auf beide Abschnitte zutreffen.
In der Erwiderung der Oldenburger Stadtverwaltung zu meinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung heißt es: „Nach der Unfallstatistik der Polizei haben sich in den letzten Monaten keine Unfälle ereignet“. Diese Statistik ist allerdings ohne Belang, weil sich die tatsächliche Zahl der Konflikte und „Beinaheunfälle“ nicht feststellen läßt. Eher anzunehmen ist eine hohe Dunkelziffer, denn aufgrund der geringen Geschwindigkeit, mit der Radfahrer sich dort überhaupt bewegen können, dürften Zusammenstöße nur selten vorkommen, und wenn doch, sind die Folgen minimal. Vorauszusetzen, daß Radfahrer dann halt eben nur ganz langsam fahren dürfen, führt zur Einführung der Schrittgeschwindigkeit für Radfahrer. Letztendlich lassen sich tatsächlich nur durch Minimalgeschwindigkeit Konflikte vermeiden, auch Fußgänger stehen häufig vor den aus den Ausfahrten kommenden und auf dem RadGehweg stehenden Autos.
Während des Verkehrsversuches war der Verstoß gegen die VwV-StVO beseitigt. Der alte bzw. aktuelle Zustand mit den genannten Gefahrenquellen für Radfahrer hätte nur wieder hergestellt werden dürfen unter der Voraussetzung, die Benutzungspflicht nicht wieder anzuordnen. Damit liegt ein Verstoß gegen die VwV vor. Da die Stadtverwaltung der Stadt Oldenburg dieses offensichtlich nicht durch Baumaßnahmen beseitigen will (Abbruch des Versuches aufgrund einiger Proteste), bleibt auch aus diesem Grund nur die Aufhebung der Benutzungspflicht.
Ein gemeinsamer Fuß- und Radweg (VZ 240) muß nach den VwV der StVO mindestens 2,50 Meter breit sein. In der Erwiderung zu meinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird eine Mindestbreite von 2,65 Metern behauptet. Ich habe nachgemessen: 2,70 m (Hausnummer 18, vor der Bushaltestelle), 2,36 m (Schaltkasten vor Hausnummer 18), 2,49 m (Nr. 22, Bushaltestelle, Haustür!), 2,07 m (Schilder der Bushaltestelle), 2,53 m (Nr. 24), 2,20 m (Treppe dort), 2 m (Schild Bushaltestelle dort), 2,46 m (Nr. 24a), 2,70 m (Nr. 28), 2,30 m (Schaltkasten dort), 2,69 m (Nr. 30), 2,57 m (Nr. 32). Dabei habe ich die mit dem Fahrrad theoretisch maximal nutzbare Breite gemessen. Messtechnisch mögen das alles Engstellen sein, vom Fahrrad aus stellt sich das jedoch als insgesamt schmal dar. Wenn nur zwei Leute nebeneinander gehen, ist ein Überholen mit dem Fahrrad nicht mehr ohne weiteres möglich. Zusätzlich wird die Breite dauernd eingeengt, meist über einen Meter, durch Autofahrer, die aus den Ausfahrten kommen und sonst keine Sicht haben.
In der o.g. Erwiderung der Stadtverwaltung der Stadt Oldenburg wurde darauf abgestellt, daß diese Breiten nach den VwV der StVO zulässig wären. Unberücksichtigt blieb dabei, daß Paragraphen und Verordnungen nur Mindestmaße festlegen, große Verkehrsmassen können da kein Maßstab sein. Damit kann auch eine durchgängige Breite von 2,50 m unzulässig sein. Der Theaterwall ist eine Hauptroute für den Rad- und Fußgängerverkehr und daher von beiden stark frequentiert. In der Erwiderung steht auch, daß das nach VwV der StVO „unschädlich“ wäre und „eine Unterschreitung der Mindestbreite… auf kurzen Abschnitten von bis zu 50 m zulässig“ ist. Dieses kann ich nur in „Hinweise zur Beschilderung von Radverkehrsanlagen“ der FGSV finden. Dort hält man es aber nicht einmal für nötig, diese Zahlen zu begründen. In der maßgebenden VwV zur StVO heißt es stattdessen jedoch „Ausnahmsweise und nach sorgfältiger Überprüfung kann von den Mindestmaßen dann, wenn es aufgrund der örtlichen oder verkehrlichen Verhältnisse erforderlich und verhältnismäßig ist, an kurzen Abschnitten (z. B. kurze Engstelle) abgewichen werden“. Weder die mindestens 10 Engstellen auf 50 Metern, noch die 50 Meter an sich stellen eine Ausnahme dar.
Ein Grund für den Verkehrsversuch war die Erkenntnis, daß der Platz für Radfahrer und Fußgänger unzureichend war und dadurch Gefahren erzeugt wurden. Nur aufgrund einiger Proteste, nicht etwa der Sicherheit wegen, wurde der alte Zustand nach nicht einmal der Hälfte der vorgesehenen Laufzeit wieder hergestellt, die Fahrbahn verbreitert, Radfahrer und Fußgänger zwangsweise auf einen zu schmalen Hochbord gedrängt. Der tatsächliche Bedarf an Breite für Fußgänger und Radfahrer und damit auch an Sicherheit (ein Grund für den Verkehrsversuch) wurde zugunsten einiger Bewohner und der Leichtigkeit des motorisierten Individualverkehrs ignoriert. Der alte Zustand mit mangelhafter Sicherheit wurde wieder hergestellt. Da niemand zur Benutzung gefährdender Anlagen verpflichtet werden darf und da eine Steigerung der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer Voraussetzung für die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht ist, liegt noch ein Verstoß gegen die VwV-StVO vor. Auch hier gilt: Da eine andere Lösung abgelehnt wurde, aber möglich ist, muss die Radwegebenutzungspflicht aufgehoben werden.
Letztendlich entfällt auch das Argument mit der angeblich sicherheitssteigernden Wirkung (Grund 1), wenn der Weg zu oft unbenutzbar ist (kein Platz mehr wegen zu viele sich tummelnde Fußgänger und Autos). Radfahrer dürfen dann sowieso auf die Fahrbahn ausweichen.
Bitte bestätigen Sie mir den Eingang dieses Widerspruchs und nennen Sie mir den zuständigen Sachbearbeiter für weitere Korrespondenz.
Mit freundlichem Gruß