Oldenburger
Radverkehrsanlagen

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Widerspruch Oldenburger Straße und Langenhof

Antrag auf Zulassung der Berufung

Diese Begründung wurde am 2006-09-26 nachgereicht.

wird der Zulassungsantrag vom 08.08.2006 nunmehr innerhalb der gesetzlichen Frist wie folgt begründet:

Der Kläger verfolgt mit der angegriffenen Entscheidung die Überprüfung und ggf. Beseitigung eines Teils der Beschilderung mehrere zusammenhängender Straßen in Bad Zwischenahn, die es dem Radfahrer verbieten, auf den Fahrbahnen zu fahren.

Die angegriffene Entscheidung geht nicht auf die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlagen ein, die für die Aufstellung und Errichtung der Verkehrszeichen als Verwaltungsakte erforderlich sind. Vielmehr wird der Eindruck erweckt, dass in den Entscheidungsgründen der Bau von Radwegen mit der Benutzungspflicht verwechselt wird, und zwar in soweit, dass die Ausführungen aus der Verwaltungsvorschrift als Begründung für die „blauen“ Verkehrszeichen herangezogen werden. Hierbei handelt es sich denknotwendig um einen Zirkelschluss.

Der Kläger richtete sein Begehren im Wesentlichen auf eine fehlerhafte Ermessensentscheidung hinsichtlich des „ob“ bei der Errichtung der Verkehrszeichen. Ferner wurde auch das „wie“ der Ausführungen der Beschilderung aufgrund der vorliegenden erheblichen Widersprüchlichkeiten angegriffen.

Nach der Auffassung des Klägers blieb das erkennende Gericht einer nachvollziehbaren Begründung schuldig. Die Beklagte hat in Anwendung des Gesetzesvorbehalts die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns nachzuweisen. Es obliegt nicht dem Kläger, sämtliche Defizite im Detail herauszufinden, hierzu ist der Kläger naturgemäß auch gar nicht in der Lage. Der Kläger stellt in diesem Zusammenhang § 45 Abs. 9 StVO als zentrale Ermächtigungsgrundlage für die umstrittene Beschilderung dar:

„(9)   Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Abgesehen von der Anordnung von Tempo 30-Zonen nach Abs. 1 c oder Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen nach Abs. 1 d dürfen insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. (…)“

Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass „Beschränkungen des fließenden Verkehrs nur noch zulässig sind, wenn streckenbezogene, konkrete Gründe vorliegen und die Gefahrenlage das allgemeine Risiko erheblich übersteigt“ (NZV 2002, Seite 57). Eine derartige Gefahrenlage, die über das allgemeine Risiko erheblich hinausgeht, wurde für den betroffenen Streckenabschnitt nicht nachgewiesen. Es ist eine „pauschale“ Beschilderung insoweit untersagt und nicht zulässig.

Der Kläger hat erstinstanzlich auszugsweise Untersuchungen benannt, die sich mit der Sicherheit auf Radwegen und auf Fahrbahnen beschäftigen. Danach kam man zu dem Ergebnis, dass die Verkehrssicherheit sank, wenn ausschließlich Radwege genutzt wurden. Dementgegen behauptete der Beklagte pauschal, dass die vorherrschende Verkehrsdichte auf den betroffenen Streckenabschnitten bereits als Begründung für die Beschilderung ausreiche.

In zahlreichen Großstädten (Wiesbaden, Berlin usw.) ist der Fahrradverkehr mittlerweile überwiegend in den Fahrbahnverkehr für Kraftfahrzeuge integriert worden, ohne dass hierbei die Unfallzahlen steigen, im Gegenteil: die Unfallträchtigkeit hat signifikant abgenommen (vgl BAST 1992, „Sicherung von Fahrradfahrern an städtischen Knotenpunkten“). Auf Fahrradwegen besteht für Radfahrer demnach ein drei- bis zwölffaches höheres Unfallrisiko, als auf der Fahrbahn.

Beweis: Sachverständigengutachten.

Aus eigener Erfahrung stellt der Kläger fest, dass auch in einer mit Bad Zwischenahn vergleichbaren Stadt (Bad Wildungen) keinerlei Radwege vorhanden sind. Irgendwelche Gefährdungen der Radfahrer konnten nicht beobachtet werden. Weitere Beispiele könnten nahezu beliebig fortgesetzt werden.

Nach den Regelungen der Verwaltungsvorschriften zu § 45 StVO ist ferner die Benutzung von Radwegen linksseits der Straße aufgrund der besonderen Gefahrenlage und aus Gründen der Verkehrssicherheit grundsätzlich nicht erlaubt. Nur im Einzelfall sind daher Zeichen zur Benutzung von Radwegen in Gegenrichtung zulässig. Die Verkehrsregelung in Bad Zwischenahn widerspricht diesem Grundsatz, wenn dort fast überall, wo eine Radwegbenutzungspflicht angeordnet wurde, auch auf der linken Fahrbahnseite die Verkehrszeichen 240 und 241 angebracht wurden. Sogar in der dort befindlichen Zone 30 sind die genannten Verkehrszeichen angebracht, obwohl dies nach den Regelungen der StVO grundsätzlich unzulässig ist.

Für das Verkehrszeichen 240 stellt die Verwaltungsvorschrift zur StVo fest, dass die Anbringung dieses Verkehrszeichens nur dann in Betracht kommt, wenn es nach den örtlichen Gegebenheiten und unter Berücksichtigung der Belange der Fußgänger, insbesondere der älteren Verkehrsteilnehmer und der Kinder im Hinblick auf die Verkehrssicherheit vertretbar erscheint. In den umstrittenen Straßenbereichen ist hingegen das Verkehrszeichen 240 der Regelfall, die Beschilderung durch die Zeichen 237 und 241 sind die Ausnahme. Für die Anbringung des Verkehrszeichens 241 wäre eine Mindestbreite der Sonderwege Voraussetzung, die offensichtlich nicht vorliegen und aus wirtschaftlichen Gründen auch nicht realisiert werden soll. Es handelt sich hierbei jedoch um sachfremde Erwägungen, die nicht durch § 45 Abs. 9 StVO umfasst sind.

Im Übrigen ist die Beschilderung auch deshalb nicht erforderlich, da auf der befindlichen Teilstrecke kaum Radfahrer die Fahrbahn benutzen. Nach einer eigenen Zählung des Klägers, die ein Jahr lang andauerte, betrug die Fahrbahnnutzung durch Radfahrer im Bereich Langenhof (eine Seite Gehweg, Linksfahren verboten) nicht einmal 1% aller Radfahrer. Auf der Oldenburger Straße fährt sogar kein einziger Radfahrer auf der Fahrbahn. Da sich durch die Beschilderung deshalb gar nichts ändern kann, verbietet sich die Aufstellung der Verkehrszeichen bereits bei Anwendung des § 39 Abs. 1 StVO. Allein dieses Tatbestandsmerkmal macht deutlich, dass eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Materie durch den Beklagten unterblieben ist.

Darüber hinaus stellt das Verwaltungsgericht die Interessen der Kraftfahrer unmissverständlich über die der Radfahrer, wenn es äußert, dass eine freie Fahrt der Kraftfahrzeuge gewährleistet sein muss. Im Übrigen handelt es sich auch bei den Ausmaßen und baulichen Mindestmaßen der Radwege nicht um Ermessensentscheidungen der jeweiligen Behörde, insoweit verbietet sich auch eine Abwägung mit den Interessen der Kraftfahrer. In diesem Zusammenhang ist auch der Verweis darauf, dass es sich bei der streitbefangenen Ortschaft um einen Kurort handelt, in keiner Weise sachlich nachvollziehbar.

Ferner hat der Kläger nachgewiesen, dass die Beschilderung der Oldenburger Straße während des Verfahrens mehrfach geändert wurde.

Beweis: Augenscheinseinnahme durch das Gericht.

Seit der letzten Änderung besteht nun eine nicht zulässige Regelung: auf der nördlichen Seite der Oldenburger Straße befinden sich in beiden Richtungen das Verkehrszeichen 240, auf der anderen Straßenseite befindet sich das Verkehrszeichen 239 mit dem Zusatz „Radfahrer frei“, ebenfalls in beide Richtungen. Diese Anordnung ist widersprüchlich und unzulässig: Radfahrer haben die dafür ausgewiesenen Sonderwege zu nutzen (Pflicht). Eine darüber hinaus bestehende Beschilderung mit dem Zusatz „Radfahrer frei“ suggeriert dem Radfahrer, dass er diese Wege ebenfalls nutzen darf, was jedoch aufgrund des oben genannten Gebotes falsch wäre (§ 2 Abs. 4 StVO).

Insbesondere die Oldenburger Straße weist immer noch Lücken in der Radweg-Beschilderung auf, obwohl der Kläger hierauf erstinstanzlich mehrfach auch anlässlich des Ortstermins hingewiesen hat. Das würde bedeuten, dass in diesen Teilbereichen die Radfahrer zulässigerweise die Fahrbahn nutzen dürften. Da es an diesen Teilbereichen jedoch nicht zu akuten Gefährdungssituationen oder Unfällen kam, ist gleichzeitig widerlegt, dass an den übrigen Stellen eine Beschilderung erforderlich ist.

Ferner ist in dem Bereich Oldenburger Straße in dem erstinstanzlichen Urteil die Rede von „Verbotszeichen für Radfahrer (Zeichen 254)“. Hierbei muss es sich jedoch ein Versehen handeln, da die Gegebenheiten nicht zutreffen. Zwar ist das Verkehrszeichen vorhanden, jedoch gild es nicht für den Kreuzungsbereich, sondern für die dort abführende Seitenstraße. Es gilt somit folgerichtig die Erlaubnis für Radfahrer, die Fahrbahn zu nutzen. Diese Regelung wurde erstinstanzlich nicht erkannt.

Somit wurde das für etwa 500 m gültige Zeichen 254 im Urteil nicht gesehen. Es gibt dort keine Nebenanlagen, links und rechts befinden sich Schallschutzwände, was für die Verkehrssicherheit ohne Belang ist.

Auch die Straße Brummerforth ist unzulässig beschildert, wonach Schüler links fahren dürfen sollen, was allerdings mangels Benutzungspflicht gar nicht erlaubt ist. Darauf folgend sollen im Langenhof Schüler weiterhin links fahren dürfen, tatsächlich müssen es alle übrigen Radfahrer, und zwar für 30 m bis 40 m. Das bedeutet, dass eine Überquerung der Straßenanlage erforderlich würde. Dies widerspricht jedoch dem Grundgedanken zur Sicherung des fließenden Verkehrs. Es würde sich darüber hinaus um eine weitere Gefährdung für die Radfahrer handeln.

Für die Straße Langenhof fällt im Übrigen auf, dass die Radfahrer in eine Richtung die Fahrbahn fast über die gesamte Länge nutzen dürfen, in der entgegengesetzten Richtung jedoch nur für 200 m. Damit lässt sich die restliche Benutzungspflicht nicht mehr begründen, die zudem oft durch parkende Autos unrealisierbar ist.

Darüber hinaus ist zu beobachten, dass unzulässigerweise permanent Radfahrer „links fahren“, obwohl dies die örtliche Beschilderung nicht zulässt. In dem Ortstermin der ersten Instanz fand dies jedoch keine Berücksichtigung, obwohl im Zeitpunkt des Ortstermins eben diese Nutzungen ersichtlich waren.

Darüber hinaus sind die Schilderungen des erstinstanzlichen Gerichts hinsichtlich der Rad- und Gehwegbreite unzutreffend. Danach sollte der gemeinsame Rad- und Gehweg bis auf geringfügige Teilstrecken 3 m und mehr breit sein. Tatsächlich ist es jedoch so, dass die „geringfügigen Teilstrecken“ mindestens ¼ der Gesamtlänge ausmachen. Auch die übrigen Abschnitte sind häufig nicht in der angegebenen Breite nutzbar, da während der Ladenöffnungszeiten der anliegenden Einzelhandelsunternehmen der Kundenverkehr auf den Flächen parkt und häufig einen Abstand von allenfalls 1,5 m frei lässt. Nach den Schilderungen des Klägers ist es darüber hinaus auch so, dass jeden zweiten Mittwoch die Mülltonnen der Geschäfte auf dem Weg verteilt werden, so dass die Radwegbenutzung für mehrere Stunden häufig völlig vereitelt wird.

Wenn dann der Einzelrichter der Ausgangsinstanz wiedergibt: „Etwa auf der Mitte des vorgenannten Straßenstückes verengt sich dieser gemeinsame Fuß- und Radweg auf 2 m.“. Diese Behauptung ist unzutreffend, denn genau an diesem Abschnitt gibt es keine Radwegebenutzungspflicht. Es fehlen die dafür erforderlichen Schilder mangels des erkennbaren Radweges. Außerdem muß das Verkehrszeichen nach jeder Straßeneinmündung wiederholt werden, da es sonst für den folgenden Abschnitt nicht gelten würde. Es ist daher von einem Gehweg auszugehen. Dies wurde ebenfalls nicht berücksichtigt.

Nur beispielhaft ist darauf hinzuweisen, dass am Langenhof die Firma GAKO ansässig ist, die häufig mit größeren Lkws beliefert wird. Der Platz reicht gerade aus, um diesen zum Be- und Entladen abzustellen und einen schmalen Weg für Fußgänger „übrig zu lassen“.

Beweis: Zeugnis Frau Hohensee, zu laden über das Ordnungsamt der Stadtverwaltung Bad Zwischenahn.

Dieser Zeugin wurde auch durch einen Beteiligten (GAKO) ein Lichtband zur Verfügung gestellt, der die raumbedingten Gefahrensituationen auf der gegenüberliegenden Straßenseite wiedergibt. Auch dort wurde das Gefahrenpotenzial erkannt.

Anstatt jedoch die Benutzungspflicht aufzuheben oder das Entladen zu untersagen, werden regelmäßig Fußgänger und Radfahrer auf einer Breite von etwa 1 m konfrontiert, was aufgrund des gedulteten Linksfahrens sogar für beide Fahrrichtungen gilt. Auch hierbei handelt es sich um eine erhebliche verkehrsgefährdende Wiederholungssituation. Aufgrund der genannten Verwaltungsvorschrift müsste ein solcher Weg eine Mindestbreite von 2,50m haben.

Um die gesamte Beschilderungssituation noch einmal darzustellen, wird in der Anlage ein Schaubild überreicht.

Anhand des Schaubildes ist zu erkennen, an welcher Position „blaue“ Verkehrszeichen (237, 240, 241), an welcher Stelle „rote“ Verkehrszeichen (254) oder anderenfalls gar keine Verkehrszeichen aufgestellt sind. Die fehlende Beschilderung ist äußerst auffällig, hier gilt somit keine Radwegbenutzungspflicht.

Nach alledem stellt sich das erstinstanzliche Urteil als fehlerhaft dar, so dass es durch ein Berufungsverfahren zu überprüfen ist. Aus diesem Grunde ist der Zulassungsantrag positiv zu bescheiden.