Oldenburger
Radverkehrsanlagen

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Widerspruch Oldenburger Straße

Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes

vom 2006-09-13 mit Aktenzeichen 12 LA 423/05 zum Urteil 7 A 4199/03 kam am 2006-09-15.  Die angemeckerten Punkte kann man in [] anklicken.

Der Antrag des Klägers … wird abgelehnt. Der Wert des Streitgegenstandes wird für den zweiten Rechtszug auf 5000 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die gegen die Anordnung einer linksseitigen Radwegebenutzungspflicht auf der Oldenburger Straße in Bad Zwischenahn zwischen Georgstraße und Mühlenstraße erhobene Klage sei zulässig, aber unbegründet. Die Voraussetzungen der durch das Verkehrszeichen 241 konkretisierten verkehrsbehördlichen Anordnung gemäß §§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 9 Sätze 1 und 2 StVO seien gegeben. Der betroffene Straßenabschnitt sei Teil einer Entlastungsstraße, über die der innerörtliche Verkehr um den Gemeindekern von Bad Zwischenahn herumgeführt werde. Es handele sich um eine sehr stark befahrene relativ schmale Straße mit einer anlässlich einer Verkehrszählung im Jahr 2000 ermittelten Verkehrsbelastung von bis zu 20.000 Kfz. pro Tag und einem erheblichen Anteil an Schwerlastverkehr. Ohne Zweifel sei der Verkehrsfluss auf der Fahrbahn geringer, wenn dort Radfahrer fahren dürften. Unter Umständen würde es auch zu Staubildungen kommen. Der Radweg sei sehr gut zu übersehen und baulich klar ausgestaltet. Auch die Einengung des Gehweges durch die Fahrradständer in Höhe des ZOB führe nach Einschätzung des Einzelrichters der Kammer, wenn überhaupt, dann lediglich zu einer geringfügigen Beeinträchtigung des Rad- und Fußverkehrs. Wie bereits an anderer Stelle des Urteils erwähnt, sei es aus Gründen der Verkehrssicherheit am besten, wenn zur Umsetzung einer im EInzelfall erforderlichen und verhältnismäßigen Radwegebenutzungspflicht ein Radweg baulich angelegt werde. Entsprechend sei hier bei dem Bau der Umgehungsstraße verfahren worden. Es sei schwer verständlich, wie der Kläger bei der Benutzung des Radweges in seinen Rechten verletzt sein wolle. Im Falle eines Klageserfolges dürften auch Kinder und ältere Radfahrer, auf die in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen sei und die besonderen Schutz bedürften, die allgemeine Fahrbahn benutzen. Der Zweck des Radweges würde dann verfehlt.

Das sinngemäß auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zielende Vorbringen des Klägers greift nicht durch. Bei diesem Zulassungsgrund ist für die Darlegung als Mindestvoraussetzung zu verlangen, dass geltend gemacht wird, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist, und Sachgründe hierfür unter Auseinandersetzung mit den entscheidungserheblichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts bezeichnet und erläutert werden.

Der Kläger trägt zur Begründung dieses Zulassungsantrags vor, für die Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen müssten gemäß § 45 Abs. 9 StVO besondere Umstände sprechen, die dargelegt werden müssten. Solche seien hier nicht ersichtlich. Sie ergäben sich nicht allein auch einem hohen Verkehrsaufkommen. Es seien konkrete Untersuchungen zur Darlegung einer konkreten Gefahr erforderlich gewesen. Mit diesem Vorbringen dringt der Kläger nicht durch. Er berücksichtigt nicht, dass der Beklagte und ihm folgend das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der durch das Verkehrszeichen 241 angeordneten Radwegebenutzungspflicht nicht allein auf das hohe Verkehrsaufkommen in der Oldenburger Straße gestützt haben, sondern auf das Zusammentreffen mehrerer Umstände [1]. Das Verwaltungsgericht hat die Örtlichkeiten durch den zur Entscheidung berufenen Einzelrichter in Augenschein genommen und festgestellt, dass der streitgegenständliche Straßenabschnitt Teil einer Entlastungsstraße sei, über die der überörtliche Verkehr um den Gemeindekern von Bad Zwischenahn herumgeführt werde und die bereits im Jahr 2002 gemäß einer damals durchgeführten Verkehrszählung von bis zu 20.000 Kraftfahrzeugen pro Tag frequentiert worden sei. Bereits die Bedeutung der Straße für den überörtlichen Verkehr stellt eine Besonderheit dar [2], die gegen eine Mischung des Kraftfahrzeug- und Radverkehrs spricht [3]. Hinzu kommt nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, dass auf der Straße ein erheblicher Schwerlastverkehr zu verzeichnen ist. In dem streitigen Bereich zwischen der Georgstraße und der Mühlenstraße ist die Fahrbahn aber mit je einer Fahrspur in jeder Richtung nur schmal ausgebaut. Die zwar nur knapp gehaltene, die für wesentlich erachteten Umstände des Einzelfalles aber darlegende Begründung des Verwaltungsgerichts, dass bei dieser Verkehrssituation Radfahrer als im Verhältnis zum motorisierten Straßenverkehr schwächere Verkehrsteilnehmer auf der Fahrbahn erheblichen Gefahren ausgesetzt sein würden - insbesondere bei Überholmanövern größerer Kraftfahrzeuge wie Busse, Lkw oder entsprechend großer Nutzfahrzeuge -, leuchtet ohne weiteres ein [4]. Der Zulassungsantrag setzt sich mit dieser Argumentation nicht hinreichend auseinander [5] und verkürzt die Begründung des Verwaltungsgerichts auf eine Bewertung des angeblichen durchschnittlichen Verkehrsaufkommens auf der Straße. Insoweit verfängt auch der weitere Einwand des Klägers nicht, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt unter Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO nicht hinreichend ermittelt. Das Verwaltungsgericht hat die besonderen Umstände, die für die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht gesprochen haben, anhand des Akteninhalts und auf der Grundlage der bei dem Ortstermin am 20. Juli 2005 gewonnenen Erkenntnisse hinreichend sicher beurteilen können [6]. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hat sich ihm nicht aufgedrängt. Der Zulassungsantrag legt auch nicht dar, welche Maßnahmen zur weiteren Sachverhaltsaufklärung das Verwaltungsgericht hätte konkret ergreifen sollen.

Mit seinen weiteren Einwendungen, die sich mit der baulichen Anlage des getrennten Rad- und Fußwegs gemäß dem Verkehrszeichen 241 und seiner Freigabe als linksseitig angelegtem Radweg in Gegenrichtung befassen, dringt der Kläger ebenfalls nicht durch. Gemäß der Verwaltungsvorschrift (VwV) I. zu Zeichen 241 sollen Radwege, wenn die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht erforderlich und verhältnismäßig ist, von einem Gehweg baulich oder mit durchgehender weißer Linie abgetrennt und mit Zeichen 241 gekennzeichnet werden. Ob die unterschiedliche Pflasterung des Rad- und Fußwegbereichs in dem streitgegenständlichen Abschnitt als bauliche Trennung im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden kann, kann dahinstehen. Denn die Verwaltungsvorschrift ist als sog. Soll-Vorschrift ausgestaltet, so dass abweichende Gestaltungen, durch die die Trennung von Fuß- und Radweg in gleicher Weise verdeutlicht wird, möglich sind [7]. Das ist vorliegend, wie sich anhand der in der Gerichtsakte befindlichen Fotos von den Örtlichkeiten ergibt, durch eine unterschiedliche Pflasterung mit einem in der Mitte verlaufenden Längsstreifen geschehen [8]. Der Verweis darauf, dass links in der Gegenrichtung angelegte Radwege gemäß der VwV II. 1. zu § 2 Abs. 4 Satz 3 StVO innerorts nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen sollen, verhilft dem Zulassungsantrag gleichfalls nicht zum Erfolg. Denn abgesehen davon, dass die Vorschrift die Freigabe linker Radwege für die Gegenrichtung, nicht aber die Anordnung gemäß Zeichen 241 betrifft [9], liegen die Umstände, die für das Vorliegen eines besonderen Ausnahmefalls im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift sprechen, hier auf der Hand. Den in der Gerichtsakte befindlichen Straßenplänen und Lichtbildern lässt sich ohne weiteres entnehmen, dass beiderseits der Fahrbahn führende Radwege im streitigen Bereich der Oldenburger Straße wegen der nördlich der Straße verlaufenden Bahnlinie nicht durchführbar sind und sich dementsprechend die linksseitige Radwegeführung in Gegenrichtung als erforderlich darstellen [10]. Soweit der Kläger die Anlage von Radwegen in Gegenrichtung grundsätzlich für ungeeignet hält, ist sein Vortrag bereits deshalb unzureichend, weil er sich mit den konkreten Örtlichkeiten nicht hinreichend auseinandersetzt [11]. Die Oldenburger Straße einschließlich Rad- und Fußweg nimmt im Abschnitt zwischen Georgstraße und Mühlenstraße einen im Wesentlichen geradlinigen und übersichtlichen Verlauf, der besondere Gefahren für den in Gegenrichtung geführten Radverkehr nicht erkennen läßt [12].

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Soweit der Beschluss.  Die haben sich das ziemlich einfach gemacht, finde ich.

  1. Ja, mehrere Umstände, nämlich Anzahl der Kfz, Breite der Fahrbahn, Anteil der Lkw — zum Schutze der Radfahrer.  Mit der Forderung nach Bestätigung durch Untersuchungen wurden natürlich alle 3 Argumente angegriffen.
  2. Fürs Blau soll eine Rolle spielen, woher der MIV kommt und wohin er geht, na sowas.  Alle Hauptstraßen in Zwischenahn sind von Bedeutung für den überörtlichen Verkehr, ist es doch ein ziemlich kleines Kaff.  Damit ist die Bedeutung aber keine Besonderheit mehr.
  3. Warum das so sein sollte, wird nicht gesagt.
  4. Fürs Blau muß die Gefahr auf der Fahrbahn also nur Einleuchten und nicht weiter begründet sein, schon gar nicht objektiv.
  5. Moment mal!  Der Verwaltungsrichter behauptet Unsicherheit auf der Fahrbahn, und wenn man dem Untersuchungen entgegen stellt, setzt man sich mit dieser Argumentation nicht hinreichend auseinander?
  6. So siehts aus: Man kuckt sich was an, oder etwas leuchtet ein, und das schlägt dann wissenschaftliche Erkenntnisse  Abgesehen davon, ist im Protokoll zu diesem Abschnitt nichts festgehalten.
  7. Falsch, das Wörtchen und verbindet Schild und Ausgestaltung, wodurch sollen sich auf alles zusammen bezieht und somit die Trennung vorhanden sein muß, wenn das Schild aufgestellt wird.  Zudem würde das heißen, dass überhaupt nicht getrennt werden müßte, was natürlich Quatsch ist, denn das Schild lautet Zeichen 241: getrennter Rad- und Fußweg, die Betonung liegt auf getrennt.
  8. Auch das stimmt nicht, denn man sieht nicht, welche der beiden Hälften überhaupt der Radweg-Teil sein soll, und das hat noch nicht einmal etwas damit zu tun, dass sich beide Teil kaum unterscheiden, es sind die gleichen Steine.
  9. Aber Hallo!  Die freiwillige Benutzung soll strenger reglementiert sein als der Zwang?  Das würde ja zum Beispiel bedeuten, dass linker Zwang nur 1,5 m breit sein bräuchte, während linke Freiwilligkeit mindestens 2 m Wert wären; oder dass bei linkem Zwang die Führung nicht besonders gesichert sein müßte.  Die Anordnung beinhaltet nicht die Freigabe?  Na gut. Da außerorts überall links Blau steht an einseitigen Wegen, von der Freigabe aber laut VwV außerorts bei nur einseitig angelegten Radwegen in der Regel Gebrauch gemacht werden soll, muß linkes Blau wohl Freigabe und damit freiwillige Benutzung bedeuten, denn Behörden halten sich ja an die Vorschriften.

    Aber es ist vieeeeel einfacher: Die 3 Richter können nicht lesen. Der Abschnitt Radwegebenutzungspflicht bezieht sich ausdrücklich auf Freigabe linker Radwege für die Gegenrichtung und schließt sie damit ein.

  10. Anders gesagt: Besondere Ausnahmefälle dürfen baulich hergestellt werden, um dann mit eben diesen als Begründung Blau aufzustellen.  Hier hätte man die Fahrbahn nur 2 Meter versetzt anlegen müssen, den Platz gibt es, um zur Bahn genügend Abstand zu haben.  Dementsprechend ergibt sich aus diesem künstlich hergestellten Ausnahmetatbestand dann ganz automatisch linkes Blau, als wenn die Anforderungen nicht höher als bei rechten Blau wären [9].
  11. Es geht aber nicht um Radwege, sondern um Benutzungspflicht.
  12. Hier wird die Argumentation entgegen § 45.9 geführt.  Die Anordnung ist zu begründen, nicht die Nicht-Anordnung.