Oldenburger
Radverkehrsanlagen

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Widerspruch Oldenburger Straße

Antrag auf Zulassung zur Berufung

Das hier ist die Begründung vom 2005-09-30, der Antrag ging 10 Tage vorher raus.

Die Entscheidung der 7. Kammer im Ausgangsverfahren begegnet erheblichen Zweifeln. Das Begehren des Klägers wurde zum einen nicht ermittelt. Darüber hinaus wurde das Urteil auf unzutreffenden Grundlagen gestützt, die durch den Kläger bereits im Vorfeld widerlegt wurden. Insoweit hat das Verwaltungsgericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt unter Verstoß gegen § 86 Absatz 1 VWGO nicht hinreichend aufgeklärt, obwohl ihm sich eine weitere Aufklärung aufdrängen mußte.

Das Begehren des Klägers erstreckt sich im wesentlichen auf die Beschilderung des Radfahrweges an der südlichen Seite der Oldenburger Straße in Bad Zwischenahn. Insbesondere geht es um den Bereich Mühlenstraße bis Georgstraße. Hier wendete sich der Kläger gegen die linksseitige Nutzung des Radweges, das betrifft somit die Radwegnutzungs entgegen der Fahrtrichtung.

Hierzu trug der Kläger bereits mit Klageschrift vom 09.11.2003 vor, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um die angefochtenen Verkehrszeichen an der betreffenden Stelle aufstellen zu dürfen. Vorliegend ist unstreitig, daß das Verkehrszeichen 241 (getrennter Rad- und Fußweg) auf dem Teilstück aufgestellt wurde.

Die Voraussetzungen für die Aufstellung des Verkehrszeichens 241 sind umfangreich geregelt:

  1. Zum einen sind die Allgemeinen Vorschriften der StVO, insbesondere § 45 Abs. 9 StVO zu berücksichtigen. Die wurden ebenfalls bereits mit der Klageschrift dargelegt (Seite 2 der Klageschrift). Danach sind

    Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Abgesehen von (…) dürfen insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderten örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das Allgemeine Risiko eine Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.

    Es müssen daher besondere Umstände vorliegen, die auch dargelegt sein müssen. Es muß sich mit anderen Worten um eine konkrete Gefahrenlage handeln, der mit dieser Norm begegnet werden soll. Die Beklagte und das erkennende Gericht nahmen in diesem Zusammenhang lediglich Bezug auf ein durchschnittliches Verkehrsaufkommen an dieser Örtlichkeit. Danach sollen 15.000 bis 20.000 Kraftfahrzeuge am Tag die Straße passieren. Damit ist jedoch keinesfalls eine Gefahrensituation gegeben. Das Verkehrsaufkommen selbst ist kein qualifiziertes Kriterium zur Darlegung einer konkreten Gefahr. Hinzu kommen müssen beispielsweise konkrete Untersuchungen an der „angeblichen Gefahrenstelle“ sowie wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, daß zwangsläufig ein erhöhtes Unfallrisiko für Radfahrer hermit einhergeht. Derartige Untersuchungsergebnisse gibt es jedoch nicht. Im Gegenteil, der Kläger hat Erkenntnisse der Bundanstalt für Straßenwesen (BASt) aus dem Jahre 1992 zitiert, wonach

    an Knotenpunkten ohne Lichtsignalanlagen die Unfallgefährdung für geradeausfahrende Radfahrer bei der Führung auf der Fahrbahn oder auf Radfahrstreifen erheblich geringer sei als bei der Führung auf Radwegen mit Radfahrerfurten, die insbesondere durch linksfahrende Radfahrer ungenügende Sicherheitsbilanzen aufweise.

    Auch seien gering abgesetzte Radfahrerfurten am Ende der Rechtsabbiegerfahrbahn für linksfahrende Radfahrer eine besonders ausgeprägte Gefahr. Ebenfalls wurde Bezug genommen auf Ergebnisse von dänischen Untersuchungen zum Thema Fahrradfahrsicherheit.

  2. Auslegend sind die Verwaltungsvorschriften zu den obengenannten Regelungen der Straßenverkehrsordnung ergänzend hinzuzuziehen.

    Vorliegend handelt es sich um das Verkehrszeichen 241, die Radwegebenutzungspflicht. Aus den Verwaltungsvorschriften zu § 2 Abs. 4 StVO ist zu entnehmen, daß die Anordnung dieses Zeichens vorzunehmen ist, wenn dieses erforderlich ist. Die Erforderlichkeit ist in § 45 Abs. 9 StVO geregelt.

    Bereits an anderer Stelle ist erwähnt worden, daß hierfür eine konkrete Gefahrensituation vorliegen muß. Die ist vorliegend jedoch nicht ersichtlich. Darüber hinaus liegt auch keine bauliche Abtrennung des streitbefangenen Verkehrsweges vor. Nach den Verwaltungsvorschrift zu dem Verkehrszeichen 241 sollen Radwege, wenn die Ordnung der Radwegebenutzungspflicht erforderlich und verhältnismäßig ist, von einem Gehweg baulich und mit durchgehender weißer Linie abgetrennt werde. Auch dies ist vorliegend nicht der Fall. Weder ist eine weiße Linie vorhanden, noch eine bauliche Abtrennung. daß die Pflastersteine möglicherweise in einem anderen Muster gelegt sind, reicht jedoch nicht aus.

  3. Darüber hinaus handelt es sich vorliegend um die Freigabe eines „linken Radweges für die Gegenrichtung“. Hierzu sagt die Verwaltungsvorschrift (zu § 2 Abs. 4 StVO; Rd-Nr. 35), daß die Benutzung von in Fahrtrichtung links angelegten Radwegen grundsätzlich nicht erlaubt ist. Eine Ausnahme im innerörtlichen Bereich ist nur in besonderen Ausnahmefällen zulässig. Eine Prüfung auch anderer Maßnahmen ist deshalb unabdingbar. Im vorliegenden Verfahren ist zu keinem Zeitpunkt dargestellt worden, daß eine derartige Verhältnismäßigkeitsprüfung, insbesondere hinsichtlich der Erforderlichkeit, vorgenommen worden ist.

    Dieses Argument gilt ebenfalls für die Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 StVO. Hierin ist entgegen der Auffassung des erkennenden Gerichts kein Ermessensspielraum zugunsten der Beklagten eingeräumt. Es handelt sich vielmehr um eine gebundene Entscheidung.

Aufgrund der Entscheidungsgründe des erkennenden Gerichts wird deutlich, daß die Argumentation spiegelverkehrt geführt wurde. Es wurde argumentiert, daß der Radweg angelegt und eine Benutzungspflicht eingeführt wurde und deshalb keine Gefahr entstanden sei bis zum heutigen Tage. Damit ist aber nichts dazu gesagt, daß anderenfalls eine Gefahrensituation entstanden wäre. Im Gegenteil: Die Beklagte hat selbst vorgetragen, daß in der Zeit bis zum 25.07.2002 keinerlei Gefahren entstanden und vorlagen, worauf die Verfügung zum damaligen Zeitpunkt gerechtfertigt gewesen wäre. Auch wenn das Gericht darauf abstellt, daß die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu lagen ist, ändert dies nichts an der Einschätzung. Auch zum heutigen Zeitpunkt kann eine Gefahrensituation nicht nachgewiesen werden, bloße Vermutungen und Annahmen reichen nicht aus.

Auch wenn man zugrundelegt, daß es sich um eine Ermessungsentscheidung handelt, so hat die Beklagte nicht das mildeste Mittel im Sinne einer Verhältnismäßigkeitsprüfung gewählt. Bis zum 25.07.2002 war die Benutzungspflicht nicht angeordnet, die damalige rechtliche Situation hat insoweit geringer in die Rechte der Radfahrer eingegriffen.

Die Beklagte läßt sich offensichtlich zu einer Auslegung hinreißen, wonach die Entscheidung danach auszurichten ist, daß der Autoverkehr schützenwerter ist als der Fahrradverkehr. Die Autofahrer sollen offensichtlich mit allen Mitteln von jeglichen Beeinträchtigungen geschützt werden. Dies ist jedoch nicht Sinn und Zweck des Verkehrszeichens 241.

Aus diese Grunde ist die Entscheidung des erkennenden Gerichts unrichtig, so daß dem Antrag auf Zulassung zur Berufung stattzugeben ist.